Pressetext zu Claire

Text von Alexander Alluskewitz
       
  In ihrer Arbeit "Claire" entnimmt Doris M. Würgert Standbilder aus verschiedenen Folgen eines Videospiels und überträgt diese mittels Gummidruck (einer Technik aus den Anfängen der Photographie) auf Leinwand. Es ist das Gesicht der Hauptakteurin Claire, das wie auf Schnappschüssen oder Screenshots immer wieder aus dem Spielfluß herausgenommen wird. Nur Clairs Blick, der sich auf ein unbestimmtes Ziel außerhalb des Bildes richtet und ihr sich ständig veränderndes Alter verweisen auf eine Aktion und einen Zeitablauf außerhalb des Bildes. Durch das Trägermaterial und die enorme Vergrößerung entstehen "Porträts", deren Präsenz durch das Ungefähre und Unnahbare bei gleichzeitig hohem Wiedererkennungseffekt irritiert.

Die materielle Transparenz und das fast völlige Auflösen des Sujets bei nahem Herantreten verweisen auf das "Ungreifbare", das unsere überflutete Bilderwelt scheinbar so reizvoll macht. Das Herauslösen aus dem Spiel-(Zeit)-Zusammenhang und das Einfrieren der Bewegungen und Blicke lässt diese Gestalten wie Ikonen einer massenkommunikationsorientierten Gesellschaft erscheinen. Sie stehen jedoch in starkem Kontrast zu ihrem Ausgangsmaterial den Videospielen und Bildschirmbildern, die an uns vorbeirasen und unentwegt neu abgespeichert werden können. Durch den langen Belichtungsvorgang, der das Pigment in die offene Oberfläche der Leinwand einbrennt werden diese Bilder zu »imagines« einer alten Mnemotechnik, die zur Erinnerung an bestimmten, gedanklichen Orten abgespeichert werden.

Doris M. Wügerts Bilder sind ein Spiel mit dem Verhältnis von Sichtbarem und Unsichtbaren (Gewußtem), der Rückkopplung von Realem und Virtuellem, wobei die Diskrepanz zwischen malerisch behandelter Oberfläche und der Künstlichkeit des Motivs die Wahrnehmung der Bilder als Genremalerei (Porträt) sowie als Photographie oder Videostill stört. So wie die Gestalten uns fragen lassen, ob sie Abbilder von wirklichen Menschen sind oder nur so scheinen, lässt uns auch das Gemälde fragen, ob es nicht eher Photographie ist - oder umgekehrt.

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