Sonntagsblatt / Markus Springer

Text von Heinz Schütz
       
 

Artionale 2004: »... und wenn das nicht die Wahrheit ist ...«


»...dann ist es doch gelogen!« – So ergänzt der Betrachter im Stillen den Titel der Video-lnstallation von Doris Maximiliane Würgert mit dem Ende des paradoxen Kinderreims »Dunkel war's, der Mond schien helle«. Sprechende Kindermünder und sprechende alte Münder sind in zwei parallelen, endlos laufenden Videoprojektionen an der Kirchenwand zu sehen. An einem Ort, wo »das Wort« im Zentrum steht, stellt die Künstlerin die Frage nach der Kommunikation und ihrem Gelingen – und damit eine Wahrheitsfrage. »Kindermund tut Wahrheit kund« und die »Weisheit des Alters« – aber werden Kinder und Alte gehört? Wer verstehen will, dem helfen die Wortfetzen der Tonspur nicht weiter. Mit ihrer im Wortsinn »nicht verständlichen« Installation gelingt der Künstlerin ein Protest gegen die Rede ohne Tat, eine Warnung vor dem Wort ohne Geste, ein Plädoyer für Individualität der Erfahrung und ein Hinweis darauf, dass das Eigentliche unsagbar, aber nicht unsäglich ist.

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